Befestigungsgruppe Großer Pfaffenberg

Pfaffenberge die sich östlich von Grudziądz erhebt, ist aus Sicht der Verteidigung der Stadt der strategisch wichtigste Ort. Daher beschlossen die preußischen Militärbehörden Ende des 19. Jh., an dieser Stelle mächtige Befestigungen zu errichten, darunter auch die schwersten Panzerwerke.

Die Befestigungsgruppe Großer Pfaffenberg wurde auf der Spitze eines Hügels und an seinem Westabhang auf künstlich angelegten Terrassen errichtet. Die Bauarbeiten begannen 1889 und zwei Jahre später wurden zwei Infanterieunterstände und ein Munitionsbunker fertiggestellt. In den Jahren 1894-95 wurde eine Anlage  aus zwei miteinander verbundenen, mit Panzertürmen versehenen Unterständen – einer Infanteriekaserne und einer Panzerbatterie errichtet. In den Jahren 1898–1900 wurden ein weiterer Kasernenunterstand für Infanterie und sechs in den Festungswall eingebaute Zweikammer-Wachräume errichtet. Außerdem wurden im Wall fünf Doppelstellungen für transportable 5,3-cm-Geschütztürme geschaffen. Vermutlich im Jahr 1905 wurde ein Zweikammer-Sanitärunterstand errichtet und im Wassergraben befanden sich vier Beobachtungsposten aus Stahlbeton. In den folgenden Jahren wurde die Festung elektrifiziert und am Haupttor ein Wachhaus errichtet. Das gesamte Gebiet war durch eine  Festungsgitterumzäunung und einen breiten Streifen Stacheldrahtverhaue geschützt.

Im Jahr 1920 übernahm die polnische Armee die von Dieselgeneratoren und Kanonenrohren  in den Panzertürmen leergeräumte Anlage. Im September 1939 wurden die Befestigungen  von deutschen Nachhuttruppen besetzt. Hier wurden ein Ersatzkommando- und Artilleriebeobachtungsstellung eingerichtet. Im Sanitärunterstand wurde ein Feldlazarett eingerichtet. Während der Besatzung haben die Deutschen in der Festung ein Munitions- und Sprengstofflager eingerichtet. Im Februar 1945 wurde die Festung von sowjetischen Truppen besetzt und von hier aus beschossen sie aus schweren Haubitzen die Stadt. Nach dem Krieg befanden sich hier Lagerhäuser der polnischen Armee. Im Jahr 2000 wurde die Festung an eine Privatperson verkauft, und fiel in den folgenden Jahren nach und nach der Zerstörung anheim. Der jetzige Eigentümer versucht seit 2008, die Anlage wieder in ihrem alten Glanz erstrahlen zu lassen.

Eine einzigartige Anlage ist die Panzerhaubitzbatterie – eine von drei in Polen erhaltenen. In der Decke des Unterstandes befinden sich vier Panzertürme mit 15-cm- Haubitzen 93. Solche Türme, hergestellt in den Gruson-Werken in Magdeburg (bald vom Krupp-Konzern übernommen), waren seinerzeit sehr teure und moderne Bauwerke. Die Feuergeschwindigkeit der Haubitzen betrug 2 Schüsse pro Minute und bei einem Neigungswinkel von 18-32° stieg sie auf 4 Schüsse pro Minute. Die Schussreichweite betrug 7.200 Meter und als Munition wurden Sprenggranaten verwendet. Der Turm war mit einem Unteroffizier und 4 Kanonieren besetzt.

Es lohnt sich auch, das Augenmerk auf den drehbaren Artillerie-Beobachtungsturm 94 zu richten, der ein Unikum ist, da nur vier Stück davon hergestellt wurden. Es gab auch einen Artillerie-Beobachtungsturm 96 auf der Hauptinfanteriekaserne. 96. Er hatte eine modernisierte, konische Form, die die Abprallwahrscheinlichkeit der Kugel erhöht. Sie verfügte auch über einen Zeiss-Entfernungsmesser, der die Beobachtungsgenauigkeit erheblich steigerte.

Alle genannten Panzertürme sind die einzigen Objekte dieser Bauart auf polnischem Boden. Es ist empfehlenswert durch den unterirdischen bombensicheren Gang (Poterne) zu gehen, der den Infanterieunterstand (wo sich Beobachtungstürme befinden) mit der Panzerbatterie verbindet. Dieser Gang diente nicht nur der Fortbewegung der Besatzung, sondern auch Sprechrohre und Telefonleitungen wurden hier verlegt.

Im Jahr 2018 wurde die Befestigungsgruppe Wielka Księża Góra (Großer Pfaffenberg) unter eigenem Namen in die Liste der Museen aufgenommen, die der Minister für Kultur und Nationalerbe führt. Die erste Dauerausstellung „Das Martyrium des polnischen Volkes auf dem Großen Pfaffenberg in den Jahren 1939-1945“ kann in einem der Infanterieunterstände besichtigt werden. Ende 2019 entstand eine weitere Ausstellung, die die über 100-jährige Geschichte der Festung und Grudziądz als Festungsstadt präsentiert, einschließlich einer Präsentation aller fünf Armeen, die in der Zeit von 1889 bis 1996 in der Festung stationiert waren. Für die Jüngsten wurde ein Natur- und Lehrpfad eröffnet, der zur 400 Jahre alten Eiche „Bartuś“ führt. Im Jahr 2020 wurde hier mit dem Bau einer Ausstellungsanlage begonnen, die ein Modell der Befestigungsanlagen, und Schaufensterpuppen in Soldatenuniformen mit Vitrinen mit Objekten aus den jeweiligen historischen Epochen präsentiert werden. Während der Sommersaison werden darin auch verschiedene militärische und patriotische Veranstaltungen veranstaltet. Es besteht auch die Möglichkeit, im restaurierten Wallmeisterhaus zu übernachten.

Touristischer Service:
FORT WIELKA KSIĘŻA GÓRA VEREIN
Wielkie Lniska 22, 86-302 Grudziądz, Tel. +48 607-399-030
fortwkg@gmail.com, www.fortwkg.eu, www.fb.com/fwkg.grudziadz