ZITADELLE

ZITADELLE

Nach der ersten Teilung Polens im Jahr 1772 blieben die wichtigsten Festungen Pommerellens: Danzig und Toruń in polnischer Hand. Der preußische König Friedrich II. befahl im Vorgriff auf den unvermeidlichen Krieg mit Russland den Bau einer Festung auf einer Weichselinsel zwischen Kwidzyn und Grudziądz.

ZUR GESCHICHTE – Mit dem Bau wurde im Jahr 1774 nach dem Entwurf des Grafen d’Heinze begonnen, der jedoch seinen Posten noch im selben Jahr aus Krankheitsgründen aufgeben musste. An seine Stelle trat ein Schweizer in preußischen Diensten, der Ingenieur Paul von Gonzenbach, der zuvor die Festung in Silberberg (Srebrna Góra) und bei Glatz (Kłodzko) errichtet hatte. Die geologischen Verhältnisse in Pomerellen waren jedoch völlig anders – man hatte hier mit Wasser, Schlamm und Sand zu tun. Nach zwei Überschwemmungen stimmte Friedrich II. zu, den Bau der Festung in die Nähe von Grudziądz zu verlegen. Die Zitadelle Grudziądz wurde 1,5 km nördlich der Stadt am Hochufer der Weichsel erbaut. Der Standort verfügte über eine hervorragende natürliche Umgebung – im Norden war er vom Wasser des Flusses Osa und im Osten und Süden vom Trynka-Kanal umgeben.

FESTUNGSBAU – Die Festung wurde am 6. Juni 1776 während eines Besuchs der Baustelle durch König Friedrich II. abgesteckt. Daran erinnert ein am Bergfried stehender Stein mit der Inschrift „6. Juni 1776“. Die Arbeit ging zügig voran. Bergleute aus Schlesien wurden geholt, um Stollen zu treiben, und vor Ort sind mehrere Ziegeleien entstanden. Am Bau der Festung waren 6.918 Menschen beschäftigt, darunter 367 Maurer. Als es 1780 an Ziegeln mangelte, begann man mit dem Abriss der ehemaligen Ordensburgen in Rogoźno (Roggenhausen) und Grudziądz. Insgesamt wurden bei dem Bau unvorstellbare 130 Millionen Ziegel verbaut. Technische Schwierigkeiten führten dazu, dass die Befestigungsanlagen tiefer gegründet und zahlreiche Quellen kanalisiert werden mussten. Der Kostenvoranschlag von 1,8 Millionen Talern erwies sich als unzureichend, sodass auf den Bau einiger geplanter Gehwege verzichtet wurde. Von den 56.400 Metern Korridore wurden 32.000 fertiggestellt, und unter den Wällen der Bastionen und Ravelins wurden Sprengminen verlegt, um im Falle der Eroberung der Festung eigene Geschütze einsatzunfähig zu machen. Der Bau der Festung wurde 1789 abgeschlossen und die endgültigen Baukosten beliefen sich auf 3.671.146 Taler.

ARCHITEKTUR – Der Grundriss der Zitadelle basierte auf einem halben regelmäßigen Achteck mit einem zentral platzierten Bergfried, mit 5 Bastionen und 4 Ravelins. Weichselseits wurde der Festungshof durch das Große Lagerhaus abgeschlossen, in dem sich zahlreiche Wirtschaftsräume befanden: ein Mehlspeicher, eine Bäckerei, eine Schmiede und die Quartiermeisterwohnung. Im Untergeschoss befanden sich eine Brauerei, eine Spritbrennerei, Lagerräume und Ställe. Zur Zitadelle führten vier Tore: das Obere Tor vom  Süden (der heutige Eingang von der Straße ul. Czwartaków), das Untere Tor von Norden und zwei Wassertore von der Weichselseite. Die Festung wurde durch das sog. Hornwerk verstärkt, dessen Bau 1788 begann.

BELAGERUNG DER FESTUNG – Die Festung in Grudziądz erfüllte ihre militärische Funktion nur ein einziges Mal, während der Napoleonischen Kriege im Jahr 1807. Die Zitadelle war seit Januar von französisch-polnischen Truppen blockiert und belagert worden. Die Verteidigung der Festung wurde von General Baron Wilhelm de Courbière geleitet. Die Belagerung endete mit dem am 9. Juli 1807 in Tilsit geschlossenen Friedensvertrag, doch die Truppen gaben die Belagerung jedoch erst im Dezember desselben Jahres auf. Während der Kämpfe starben von einer 5.813 Mann starken Besatzung nur 23 Soldaten und weitere 751 starben an der Epidemie. Durch revolutionäre Fortschritte in der Militärkunst verlor die Festung schon Mitte des 19. Jh. an Bedeutung, doch nach dem Bau der Brücke über die Weichsel in Grudziądz im Jahr 1879 wurde ihr Kampfwert wiederhergestellt. Im Jahr 1920 wurde die Zitadelle von der polnischen Armee übernommen und das 18. Pommersche Ulanenregiment in der Festung einquartiert.

GEFÄNGNIS – Die Zitadelle erfüllte in der Vergangenheit neben ihrer militärischen Funktion auch die Rolle eines politischen Gefängnisses. Unter den hier Inhaftierten waren: Soldaten des Novemberaufstandes, und in den Jahren 1838-1839 wurde in einer Zelle über dem Unteren Tor der deutsche Dichter Fritz Reuter inhaftiert, weil er Studentenvereinigungen angehörte, die die Idee der deutschen Einheit förderten. Im Jahr 1910 wurde in seiner Zelle ein Museum mit Erinnerungsstücken nach dem Dichter  eingerichtet. Während des Ersten Weltkriegs wurden gefangene Entente-Offiziere in der Festung interniert. Während des Zweiten Weltkriegs wurden in der Zitadelle Kriegsgefangene und Zivilisten gefangen gehalten.

BESICHTIGUNGEN – Die Zitadelle ist heute immer noch eine militärische Einrichtung, aber sie ist den Besuchern zugänglich. Am einfachsten ist es die Festung am 3. Mai und am  11. November zu besuchen. Dann ist die Führung kostenlos. An anderen Tagen ist eine Besichtigung der Festung nach vorheriger Absprache mit dem Verein Rawelin möglich.

Zitadelle, ul. Czwartaków 1, 86-300 Grudziądz
Touristischer Service: Rawelin-Verein

Anny Walentynowicz 1, 86-300 Grudziądz
Tel. +48 504-991-262, www.rawelin-grudziadz.pl